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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 15.12.2005
Aktenzeichen: 4 Sa 453/05
Rechtsgebiete: KSchG
Vorschriften:
KSchG § 1 Abs. 5 |
Aktenzeichen: 4 Sa 453/05
Entscheidung vom 15.12.2005
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 11.05.2005 - 4 Ca 2181/04 - abgeändert und die Beklagte verurteilt, den Kläger zu den Bedingungen des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.12.2005 tatsächlich weiter zu beschäftigen.
Die weitere Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreites werden dem Kläger 1/10, der Beklagten 9/10 auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer Arbeitgeberkündigung. Der Kläger, geboren am 30.03.1953, ist seit 14.03.1977 bei der Beklagten beschäftigt. Ausweislich des Zwischenzeugnisses vom 06.09.2004 trat er als Maschinenführer von Prüf- und Kontrollmaschinen im Schichtbetrieb in die Drahtkabelfertigung des Unternehmens ein und wurde nach einer mehrmonatigen Einarbeitungsphase an Prüf- und Kontrollmaschinen ausgebildet. Ab 01.01.1980 war er Springer und ab 01.08.1980 Qualitätskontrolleur. Als solcher ist er seit 01.10.1991 in Normalschicht eingesetzt.
Die Beklagte entschloss sich im Jahre 2004 die Sparte Kabelfertigung des Werkes T. zum Ende des Jahres 2005 schrittweise zu schließen. In dieser Sparte wurden zum Zeitpunkt des Entschlusses 175 von 300 Mitarbeitern beschäftigt. Der Arbeitsplatz des Klägers war der Sparte Kabelfertigung zugeteilt.
Am 26.06.2004 vereinbarte die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Sozialplan. Ausweislich des Inhalts des Interessenausgleichs und Sozialplans sollte sich aus einem beigefügten Produktionsauslaufen und Maschinenabbauplan die zeitliche Dauer der Beschäftigungsmöglichkeiten für die von dieser Maßnahme betroffenen Mitarbeiter ergeben. Die Namen und Austrittsdaten der Mitarbeiter, denen entsprechend im Rahmen der Produktionsstilllegung betriebsbedingt gekündigt werden muss, solle sich aus der Anlage 3 (Namensliste) ergeben. Die Namensliste wurde zwar erstellt, weder von den Betriebspartnern unterschrieben bzw. paraphiert noch mit dem Interessenausgleich und Namensliste untrennbar mit Heftklammer verbunden.
Für den Kläger war als Austrittsdatum der 31.08.2005 benannt. Eine Abfindung für den Kläger in Höhe von 60.607,00 € war vorgesehen.
Am 01.12.2004 sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger die Kündigung zum 31.08.2005 aus. Zu diesem Zeitpunkt war eine Massenentlassungsanzeige gegenüber der Bundesagentur für Arbeit nicht abgegeben worden.
Mit am 14.12.2004 beim Arbeitsgericht Trier eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Klage erhoben.
Er hat vorgetragen, die ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung sei unwirksam. Es sei für seine Tätigkeitsbereiche im Betrieb auch nach dem 31.08.2005 noch hinreichend Beschäftigung vorhanden. Er könne auch als Maschinenführer weiter arbeiten. Er hat die Namen der Mitarbeiter, die trotz besserer Sozialdaten weiter beschäftigt wurden genannt, darunter die Mitarbeiter S. und B. Die Betriebsratsanhörung sei nicht ordnungsgemäß.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 01.12.2004 zum 31.08.2004 sein Ende finden wird,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses als Qualitätskontrolleur über den 31.08.2005 hinaus tatsächlich weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, die betriebsbedingte Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Der Kläger sei im Bereich der Drahtkabelfertigung beschäftigt und hierbei befasst mit Aufgaben, die nach seinem Ausscheiden nur noch kurzfristig und zwar von den Mitarbeitern Ba., W. und M. fortgeführt werden. Die Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß, da der Betriebsrat über die Kündigungsumstände informiert worden sei. Er habe zur sozialen Auswahl wie auch zu den Kündigungsterminen seine Zustimmung erteilt, ferner die Namensliste mitbestimmt und schließlich habe der Betriebsrat auch noch am 18.10.2004 der Kündigung des Klägers zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Im Urteil vom 11.05.2005 hat das Arbeitsgericht der Klage des Klägers auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet wurde entsprochen und den Weiterbeschäftigungsanspruch abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die Betriebsratsanhörung sei von der Beklagten nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Dem Weiterbeschäftigungsantrag fehle, da auf künftige Leistung gerichtet, das Rechtschutzinteresse.
Das Urteil wurde der Beklagten und dem Kläger am 25.05.2005 zugestellt. Die Beklagte legte am 03.06.2005 Berufung ein, der Kläger am 24.06.2005. Die Beklagte begründete ihre Berufung am 22.07.2005, der Kläger begründete seine Berufung am 21.07.2005. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass auch schon vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist ein Titulierungsinteresse an der Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen besteht.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Trier - Az.: 4 Ca 2181/04 - vom 11.05.2005 wird insoweit geändert, als dass die Beklagte verurteilt wird, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses als Qualitätskontrolleur über den 31.08.2005 hinaus tatsächlich weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass durch die ausgesprochene Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet ist, dass sie, was im Übrigen unstreitig ist, mit Schreiben vom 31.05.2005 eine weitere Kündigung zum 31.12.2005 vorsorglich erneut aus betrieblichen Gründen ausgesprochen hat.
Die Beklagte ihrerseits macht mit der Berufung geltend, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass ein hinreichender Vortrag zur Betriebsratsanhörung vorlag, zumindest hätte es einen entsprechenden Hinweis geben müssen. Unter Darlegung des tatsächlichen Ablaufs legt die Beklagte dar, wie der Betriebsrat beteiligt wurde. Die betriebsbedingte Kündigung und die soziale Rechtfertigung hinsichtlich sozialer Auswahl könne nur auf grober Fehlerhaftigkeit untersucht werden, weil ein Interessenausgleich mit Namensliste bei einer Betriebsänderung abgeschlossen worden sei.
Im Übrigen sei die betriebsbedingte Notwendigkeit durch die Schließung der Abteilung Drahtfertigung mit dem dargelegten Arbeitskräfteabbau verbunden. Der Kläger sei nur vergleichbar mit einer Qualitätskontrolleurin, die als Betriebsratsmitglied nicht ordentlich kündbar sei. Eine Vergleichbarkeit mit Mitarbeitern in der Produktion scheide aus. Zum einen fehle dem Kläger Schichterfahrung, zum anderen sei er nur vergleichbar mit Mitarbeitern der Vergütungsgruppe E 4. Vergleichbar sei der Kläger nicht mit dem von ihm namentlich benannten Herrn S. O. ebenfalls nicht mit den Mitarbeitern B. und S. Diese seien zwar in der Entgeltgruppe E 4 eingruppiert, arbeiteten jedoch im Gegensatz zu dem normalschichtig beschäftigten Kläger in kontinuierlichem Schichtbetrieb in der Produktion wenn der Kläger mit Kontroll- und Aufsichtsarbeiten beschäftigt wurde. Die für die Tätigkeiten erforderlichen hervorragenden Produktkenntnisse weise der Kläger zwar auf, nicht aber die von einem Springer geforderten Kenntnisse der Produktionsmaschinen, die Voraussetzung für den Einsatz in der Wulstkernfertigung seien. Ihren ursprünglichen Vortrag, der Kläger sei niemals im Schichtdienst beschäftigt gewesen hat die Beklagte auf ein Informationsversehen zurückgeführt. Der Kläger sei sehr wohl bis 1991 auch im Schichtdienst eingesetzt gewesen.
Nachdem der Kläger weitere Mitarbeiter benannt hat, die trotz besserer Sozialdaten weiter beschäftigt wurden, hat die Beklagte ergänzend ausgeführt, er müsse, um die Aufgaben eines Maschinenführers wahrnehmen zu können, an den völlig anders gelagerten Produktionsmaschinen angelernt und eingearbeitet werden. Seine Kenntnisse der Produkte und der Prüfung Kontrollmaschinen würden ihm dazu nichts nützen. Die Ausbildungszeiten für Wulstkernwickelmaschinen MTA, Wulstkernwickelmaschine MTA und Verhülsung und Wulstkernwickelmaschine LKW betrügen je 16 Wochen, die Einarbeitungszeiten für die Verhülsung halbautomatisch Drahtdurchmesser 130 - 155 und halbautomatisch Drahtdurchmesser 175 - 200 betrügen je 10 Wochen, für die Seelenfertigung seien 9 Wochen zu veranschlagen. Es reicht reine Kenntnisvermittlung nicht aus. Vielmehr sei das Sammeln von praktischer Erfahrung und Handfertigkeiten notwendig, um an das erforderliche Leistungsniveau heranzukommen. Die vom Kläger benannten Arbeitnehmer seien ausnahmslos schichterfahrene Produktionsmitarbeiter, jeder sei mindestens in einem der umschriebenen Arbeitsschritte angelernt worden. Der Großteil beherrsche drei oder mehr Arbeitsschritte. Vergleichbar sei der Kläger nicht mit Mitarbeitern der Gruppe E 3. Auch mit den in Entgeltgruppe E 4 eingruppierten Mitarbeitern B., D., Me., Mo., Sch., Se. und T. sei der Kläger nicht vergleichbar. Bei den Herrn B. und Sch. handele es sich um Springer, die sämtliche Maschinen beherrschten, so dass sie mit verkürzter Anlernzeit in die Wulstkernfertigung integriert werden können. Die Herren D., Mo. und Se. beherrschten vier Maschinen dazu die manuelle Verhülsung, Herr R.T. darüber hinaus noch die Seelenfertigung. Herr D. beherrsche zwei der Wulstkernwickelmaschinen, Herr Me. eine. Der Kläger wäre auch nach der Anlernzeit von 16 Wochen nicht in der Lage die Mitarbeiter zu ersetzen. Seine gegenteilige Behauptung sei schlichtweg falsch. Daher sei es nicht grob fehlerhaft, wenn die Betriebspartner aufgrund dieser Erfordernisse der Maschinenkenntnisse und Schichterfahrung dem Kläger mangelnde Austauschbarkeit attestierten.
Der Hinweis des Klägers auf die Notwendigkeit der Massenentlassungsanzeige vor Ausspruch der Kündigung verfange nicht, im Dezember 2004 seien gerade drei Kündigungen ausgesprochen worden, so dass von einer anzeigenpflichtigen Massenentlassung auch unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des EuGH nicht ausgegangen werden könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 11.05.2005 - Az.: 4 Ca 2181/04 - wird abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Auch im Berufungsverfahren bestreitet er nach wie vor eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung, eine unterbliebene Massenentlassungsanzeige, im Übrigen sei die von der Beklagten vorgenommene soziale Auswahl fehlerhaft. Die Beklagte könne sich nicht auf die Vermutungswirkungen eines Interessenausgleichs mit Namensliste berufen. Die von der Beklagten angegebenen Einlern- und Einarbeitungszeiten bestreitet der Kläger. Er sei durchaus mit den dort aufgezeigten Mitarbeitern vergleichbar und könne ohne erhebliche Anlernzeiten auch deren Aufgaben wahrnehmen. Er sei auch durchaus bereit im Schichtbetrieb in der Produktion tätig zu werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des umfangreichen Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zu den Sitzungsprotokollen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufungen von Kläger und Beklagten sind zulässig, sie sind insbesondere beide form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO).
Das Rechtsmittel des Klägers hat jedoch nur zu einem geringen Teil, das Rechtsmittel der Beklagten keinen Erfolg.
II.
Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die streitbefangene Kündigung nicht aufgelöst worden. Diese Kündigung erweist sich, da die Beklagte bei betriebsbedingt ausgesprochener Kündigung soziale Gesichtspunkte nicht ausreichend beachtet hat, als rechtsunwirksam (§ 1 Abs. 1, 2, 3 KSchG). Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen gekündigt worden, ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.
Die Beklagte kann sich im vorliegenden Fall nicht auf die Erleichterungen des § 1 Abs. 5 KSchG berufen. Die Kündigung ist zwar aufgrund einer Betriebsänderung ausgesprochen worden. Die Kammer kann jedoch nicht feststellen, dass in einem wirksamen Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat der Kläger namentlich bezeichnet wurde. Für die Beklagte greift daher weder die Vermutung, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, noch kann die soziale Auswahl lediglich auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
Der Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung muss mit der namentlichen Bezeichnung der zu kündigenden Arbeitnehmer schriftlich niedergelegt und vom Unternehmer und dem Betriebsrat unterschrieben sein.
Die Rechtswirkung des § 1 Abs. 5 KSchG treten auch dann ein, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer in einer nicht unterschriebenen Namensliste benannt ist, die mit dem Interessenausgleich, der auf die Namensliste als Anlage ausdrücklich Bezug nimmt, fest verbunden ist. Eine rechtliche Wirkung der Namensliste, die als Anlage von den Betriebsparteien zum Interessenausgleich nicht unterschrieben wurde und bei dem eine feste Verbindung zum Interessenausgleich nicht vorliegt, tritt nicht ein (vgl. BAG Urt. v. 06.12.2001, 2 AZR 422/00 in NZA 2002, 999). Eine feste Verbindung von Interessenausgleich und Namensliste ist von der Beklagten zuletzt nicht mehr behauptet worden. Damit liegt insoweit eine wirksame Betriebsvereinbarung nicht vor mit der Folge, dass die Erleichterungen der Beklagten nicht zu Gute kommen können.
Die Beklagte hat insoweit soziale Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt, als sie die vom Kläger namentlich bezeichneten Mitarbeiter nicht in die Sozialauswahl mit einbezogen haben. Dabei hat die Kammer lediglich Mitarbeiter der Entgeltgruppe E 4 verglichen, die in der gleichen Entgeltgruppe eingruppiert sind wie der Kläger.
Der Auffassung der Beklagten, bei den Herrn B. und Sch. handele es sich nicht um mit dem Kläger vergleichbare Mitarbeiter, weil sie als Springer eingesetzt werden bzw. bei sonstigen Mitarbeitern De., Mo., Se., T. D. und Me. sei ebenfalls eine Vergleichbarkeit nicht gegeben, weil diese verschiedene Maschinen beherrschten, kann sich die Kammer nicht anschließen.
Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass bei einer wirksamen Vereinbarung von Interessenausgleich mit Namensliste die Entscheidung, welche Mitarbeiter mit welchen anderen verglichen werden können, ebenfalls nur auf grobe Fehlerhaftigkeit untersucht werden kann und diese grobe Fehlerhaftigkeit wohl nicht angenommen werden könnte. Hierauf kann sich die Beklagte wie dargestellt allerdings nicht berufen.
Der Kläger ist mindestens 51 Jahre alt und weist eine 28-jährige Betriebszugehörigkeit auf, der Mitarbeiter L. Dü., 45 Jahre alt, 18 Jahre Betriebszugehörigkeit zu seinen Gunsten ist ein Kind anzusetzen. Der Mitarbeiter M. B. hat ebenfalls1 Kind, 18 Jahre Betriebszugehörigkeit und ist 45 Jahre alt. Der Mitarbeiter R. T. weist eine 20-jährige Betriebszugehörigkeit aus und hat keine Kinder. Zumindest ihm gegenüber ist der Kläger in der Sozialauswahl deutlich besser gestellt, so dass seine Nichtberücksichtigung auch unter Belassung eines Entscheidungsspielraums als nicht ausreichende Berücksichtigung der Sozialkriterien gewertet werden muss. Die Angaben der Beklagten, diese Mitarbeiter seien mit dem Kläger nicht vergleichbar, weil eine Einarbeitungszeit notwendig wäre, vermag die Kammer nicht zu überzeugen. Wenn die Mitarbeiter Maschinen beherrschen, weiter ausgeführt wird, dass eine Anlernzeit von 16 Wochen bzw. von 10 Wochen ausreicht, um diese Kenntnisse zu vermitteln, ist anzumerken, dass die Kündigungsfrist des Klägers mit einem halben Jahr deutlich länger ist als die behaupteten Anlernzeiten. Die Darstellung der Beklagten, er wäre nach einer Anlernzeit von 16 bzw. 2 x 16 Wochen nicht in der Lage, diese Mitarbeiter nicht zu ersetzen, ist nicht näher durch Tatsachen untermauert und daher nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat zutreffend darauf hingewiesen, dass er aufgrund seiner bisher im Betrieb geleisteten vielseitigen Einsatzmöglichkeiten durchaus in der Lage sein dürfte, sich auch die Kenntnisse von Maschinenbedienung anzueignen und zwar in einer Einarbeitungszeit, die deutlich unter der bei ihm einzuhaltenden Kündigungsfrist von 7 bzw. 8 Monaten liegt.
Der Umstand, dass der Kläger keinerlei Schichterfahrung besitzt, ist nicht geeignet, davon auszugehen, dass der Kläger nicht ohne Weiteres mit den bezeichneten Mitarbeitern austauschbar wäre bzw. dass die Beklagte die bezeichneten Mitarbeiter in der Wulstkernfertigung wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur, die in berechtigtem betrieblichen Interesse liegt, weiter beschäftigen musste. Erweist sich damit die Sozialauswahl als nicht ausreichend, war die ausgesprochene Kündigung sozial nicht gerechtfertigt. Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen.
III.
Die Berufung des Klägers war nur zum Teil erfolgreich.
Zwar hat der Kläger, nachdem das Arbeitsgericht festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zum 31.08.2005 nicht beendet wurde, einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung zu den bisherigen Arbeitsbedingungen. Diese Arbeitsbedingungen können jedoch nicht als diejenigen eines Qualitätskontrolleurs bezeichnet werden, da der Kläger sich ja auch zur Begründung seines Klagebegehrens darauf berufen hat, er könne in der Produktion mit entsprechenden Tätigkeiten eingesetzt werden.
Die Weiterbeschäftigung war ebenfalls bis zum 31.12.2005 zu befristen.
Die Beklagte hat zu diesem Zeitpunkt eine weitere betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen, deren offensichtliche Unwirksamkeit nicht festgestellt werden kann.
Ab dem 01.01.2006 ist daher der tatsächliche Status des bestehenden Arbeitsverhältnisses des Klägers nach wie vor zweifelhaft, so dass angesichts der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Weiterbeschäftigungsanspruch nach unwirksamer Kündigung das Beschäftigungsinteresse des Klägers hinter dem Interesse der Beklagten, welches sich aus einer möglicherweise wirksamen Kündigung ergibt, zurücktreten muss.
Dementsprechend war wie geschehen dem Berufungsbegehren des Klägers nur teilweise zu entsprechen und seine weitere Berufung zurückzuweisen.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt § 92 Abs. 1 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.
Ende der Entscheidung
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